
Wir haben schon wieder April. Genau heute vor einem Jahr war mein PCR-Testergebnis positiv und die lange Reise begann. Bis heute lässt mich das Thema nicht los und ich merke - durch Omikron - dass immer mehr Freunde und Bekannte an Covid erkranken.
Den Meisten geht es schon nach einer Woche wieder gut, es sei ja nur eine Erkältung, mache hatten gar keine Symptome, doch manchen ging es ebenso schlecht - obwohl sie geimpft und teilweise sogar geboostert waren. Ihre Fälle werfen mich oft zurück an die Monate vor einem Jahr, als ich Covid hatte, es „überstand“ und dennoch nicht genesen war. Ich frage mich manchmal, was ich hätte besser machen können, aber das ist für mich nicht mehr relevant. Dennoch, möchte ich hier ein paar Punkte aufzählen, die ich gerne vorher „gewusst“ hätte, bzw. auf die ich lieber doch geachtet hätte. Hier also meine kleine Liste:
Worauf ich gern geachtet hätte vor der Infektion:
WORK
Nicht Arbeiten während man krank ist! Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, aber wusstet ihr, dass viele, die Long Covid haben, vor ihrer Covid-Infektion auf einem hohen Leistungsniveau waren? So war es auch bei mir und ich steckte auch in der Hochphase eines Herzensprojekts auf Arbeit. Noch mit Fieber habe ich Meetings mitgemacht und dann erst alles ruhen lassen. Dinge, die ich heute anders machen würde. Ich habe meinem Körper nicht die Ruhe gegeben in der Infektionszeit und das würde ich heute nicht mehr so tun. Und ich rate es keinem. Bitte bleibt im Bett und ruht euch aus! Und wenn es Wochen dauert, dauert es Wochen! Oder wollt ihr so wie ich 1 Jahr mit dem Mist zu kämpfen haben?
FITNESS
Unsportlich vor der Infektion: Ich hab wenig Sport getrieben und bin bereits gestresst und geschwächt in die Infektion reingeschlittert. Damals war auch die Kita zu und man hat das Kind von zuhause betreut und gearbeitet und sich selbst außer Acht gelassen. Die eigene Fitness ist die Grundlage und essentiell, das hätte ich gerne eher verstanden.
ERNÄHRUNG
Ein Ausgeglichener Nährstoffhaushalt ist das A und O. Vor einigen Jahren fing ich bereits an, mich vegetarisch - manchmal vegan - zu ernähren. Ich achtete dabei nicht darauf, welche Nährstoffe mir fehlen könnten bei dieser Art von Ernährung. Und ich merkte auch nichts! Ich war immer fit und leistungsfähig, nie müde und erschöpft ohne Anstrengungen zu haben. Aber das fiel mir leider auf die Füße: Nach Covid fühlte ich mich so sehr schlapp und es dauerte M.O.N.A.T.E. bis ich selbst - aufgrund einer befreundeten Ärztin, die meinte ich sehe so fahl im Gesicht aus - auf die Idee kam, meine Nährstoffwerte messen zu lassen.
Und Siehe da: Ich hatte Vitamin D Mangel (musste ich selbst bezahlen den Test als gesetzlich Versicherte), Vitamin B12 Mangel und Eisen-Mangel. Mit den verschriebenen Supplementen merkte ich eine deutliche Verbesserung der Müdigkeit.
Worauf ich gern geachtet hätte mittelbar nach der Infektion:
EMPFEHLUNGEN
Patientenleitfaden: Ich hätte gerne schon diesen Leitfaden hier gehabt, der einen schön an die Hand nimmt und Tipps gibt.
ORGANCHECK
Auch das ist eine Sache, die früher hatte erfolgen können. Erst 3 Monate nach meiner Erkrankung bekam ich einen MRT Termin für mein Herz und es zeigte sich eine Herzbeutelentzündung. Auch hier hilft die Patientenleitlinie, die auf verschiedene Schäden eingeht, die Covid in den Organen hinterlassen kann.
GEDULD
Es nützt nichts, ungeduldig mit sich selbst zu sein. Das bringt NICHTS. Im Endeffekt ist es verlorene Energie und Energie ist genau das, was einem so schon fehlt. Mittlerweile gibt es genug Beispiele, die zeigen, dass es nach einem halben Jahr, nach einem Jahr, nach 1,5 Jahren, nach 2 Jahren Schritt für Schritt besser wird. Es war unglaublich schwer für mich, in Monaten statt in Wochen zu denken.
Worauf ich gern geachtet hätte in den folgenden Monaten:
ERNÄHRUNG
Ich reagierte eine ganze Zeit auf Histamin und generell scherte ich mich weniger um gesunde Ernährung als Teil der Energielosigkeit. Das würde ich heute anders machen. Was ich jedoch in meinen Augen gut gemacht habe: keinen Alkohol! Im Sommer wurde ich Fan von alkoholfreien Weinen ;-)
AUSTAUSCH
Es tut so gut, in Kontakt mit anderen Long Covid Betroffenen zu sein. Dafür ist die Long Covid Selbsthilfegruppe auf Facebook ideal. Außerdem werden hier auch immer neuste Studien-Erkenntnisse geteilt und was noch so in dem Bereich passiert.
BEWEGUNG
Sport & Bewegung statt Konzentrationsübung: die Reha (ein eigener Artikel dazu kommt ggf. noch) half mir! Ich konnte mich hier bewegen und merkte, dass Bewegung half. Dabei ließ ich das "Lesen wollen" und "Konzentration üben" weg am Anfang. Die erste Woche lies ich meinen Kopf in Ruhe und bewegte einfach nur den Körper und siehe da: es half mir insgesamt! Aber erst, nachdem Herz soweit heile war, dass es langsam wieder trainiert werden konnte und Nährstoffhaushalt langsam wieder fitter war.
VERANTWORTUNG ANNEHMEN
Das Vertrauen "Die Ärzte wissen schon, wie sie mir helfen können": Ja, so ist es. Ich habe erst nach und nach die abwartende Haltung meiner Ärzte hinterfragt und mich nach und nach selbst mit Long Covid beschäftigt. Und so sind viele Dinge, die mir geholfen haben, aus Trial & Error entstanden. Es hilft alles nichts: man muss sich selbst dem eigenen "Problem" annehmen und nicht erwarten, dass die Ärzte das für einen tun. Man ist für sich selbst verantwortlich. Sicher ist das bei vielen anderen Patienten anders gelaufen, doch ich hatte und habe leider diese Erfahrung. Das gute daran: Ich bin selbst aktiver geworden und fühlte weniger diese Hilflosigkeit.
Infos finden sich immer auch gut unter https://longcoviddeutschland.org
Vielleicht hilft diese Aufzählung hier jemanden. :) Mir tut es gut, zu reflektieren und abzuschließen. Wichtig ist natürlich auch, sich selbst "zu vergeben" - man hat getan, was man tun konnte und mit dem Wissen, das man zu dieser Zeit hatte.
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Jutta (Sonntag, 22 Januar 2023 10:22)
Hallo und danke für diesen Artikel, den ich 1:1 unterschreiben könnte…
Ich bin auch mit einem anderen Infekt, letztlich ziemlich überarbeitet und ‚unbewegt‘ in die Covid-Infektion geschlittert… Magst du mir vllt verraten, wo du auf Reha warst (falls empfehlenswert)?
Herzliche Grüße von
Jutta
Locostory (Sonntag, 22 Januar 2023 15:42)
Hallo Jutta! Ich war in den Median Kliniken. Zum Thema Reha hab ich auch einen eigenen Blog Artikel geschrieben. War in Bad Salzuflen :). Aber ich war da mit Fokus auf Herz und das war gut.