
Sicherlich konnte ich mir mit Mitte 30 bessere Dinge vorstellen, als zur Reha zu gehen. Zumal es auch in der Long Covid Facebookgruppe umstritten ist, ob eine Reha bei Fatigue hilfreich ist, oder eher nicht.
Da ich jedoch hier als Herzpatient behandelt wurde und im Endeffekt eher eine Herz-Reha bekam, war die körperliche Belastung auf ein geringeres Maß begrenzt und: Mir hat es tatsächlich geholfen.
Hier ein paar Dinge, auf die ich beim nächsten Mal achten würde:
Den Reha-Antrag stellen
Dank meiner Betreuung in der Long Covid Ambulanz in Hamburg hatte ich bereits mit meiner Betreuerin den Antrag vorab durchgehen können, bevor ich diesen mit meiner Ärztin durchging. Das war von Vorteil, dass meine Allgemeinärztin hatte bis dato wenig Erfahrung mit Fatigue Patienten. Wir konnten den Antrag Schritt für Schritt durchgehen und meine Ärztin hatte vorher gesehen, welche Fatigue-Fragebögen ich vorab in der Long Covid Ambulanz ausgefüllt hatte. Auch wurde die Herzbeutelinfektion natürlich mit erwähnt. Im Nachhinein würde ich eher darauf achten, dass explizit eine Long Covid Therapie erwünscht ist, die sich auch mit Fatigue auskennt, denn das ging bei meinem Antrag wohl unter.
Eine Wunschklinik angeben
Auf dem Fragebogen selbst fand ich keine Möglichkeit, eine Wunschklinik anzugeben (soweit ich mich richtig erinnere), aber mit einem Blick in die Long Covid Facebook Selbsthilfegruppe wusste ich, dass man das auf jeden Fall mit angeben kann.
In meinem Fall hatte ich jedoch die Besonderheit, dass ich gerne eine Klinik wollte, bei der ich meine fünfjährige Tochter mitnehmen wollte und ich einfach keine Klinik fand, bei der das zur Corona Zeit möglich war. Ich habe unglaublich viel Energie - ganze Tage - gebraucht, um mögliche Kliniken aus Listen rauszusuchen, nur um am Ende doch zu lesen, dass man das Kind nicht mitnehmen konnte.
Deshalb ließ ich diesen Wunsch offen und damit spielte ich arg mit meinem Glück. Um es vorweg zu nehmen: für mich wurde es Bad Salzuflen - und ich erfuhr erst durch einen Anruf, dass ich mein Kind doch nicht mitnehmen durfte! Ich hatte unglaubliches Glück, dass ihr Papa Urlaub nehmen konnte und die Betreuung mit der Oma organisiert bekam. Und - im Nachhinein - war das für meinen Reha-Erfolg sicher auch maßgebend, denn ich konnte den gesamten Tag in ein körperlich Fitter werden stecken und lag danach nur noch flach und habe geruht. Das wäre so mit Kind nicht möglich gewesen, ich glaube, sonst hätte ich Crashs gehabt.
Die Zusage mit Klinikzuteilung erhalten und prüfen
Sehr schnell - innerhalb eines Monats - bekam ich auch schon die Zusage und den Termin mitgeteilt: in 2 Wochen geht es schon los! Ich war sehr perplex, dass es so schnell ging (und Kinderbetreuungsthema war plötzlich offen, siehe oben ;-)).
Für mich war es Bad Salzuflen. Ich googelte die Klinik und fand, dass sie auch explizit sich an Long Covid Patienten mit ausrichteten. Auf der Homepage!!! Nichts da im Realen!! Denn was so schön auf der Homepage mit interdisziplinärem Team stand, war im realen ein Bruchteil des Versprochenen. Deshalb achtet auf folgende Punkte:

Ist es die richtige Einrichtung?
Ich glaube, es wäre besser gewesen, im Vorfeld nach seiner Wunschklinik zu Suchen, anstatt zu warten, was einem von der Rentenkasse/Krankenkasse vorgeschlagen wird. Da für mich anfangs nicht klar war, dass ich ohne Kind eine Reha aufsuchen kann, hab ich nach Stunden (und dadurch sogar nach Tagen) der Suche aufgegeben und genommen, was mir vorgeschlagen wurde.
Aber das muss ja vielleicht nicht auf dich zutreffen ;-). Wenn du also schon eine Einrichtung hast, die dir gegeben wurde (oder von jemand empfohlen), dann ist Schritt 1 zu checken, ob sie überhaupt für deine Symptome in Frage kommt:
So wäre ich beispielsweise bei der Pneumologie vollkommen fehl am Platze gewesen, weil es meiner Lunge geht und ich eher Herzprobleme habe. Eine Klinik, die also mit Long Covid wirbt, gilt es zu hinterfragen: Welche Symptome genau beschreiben sie auf ihrer Webseite? Im Herbst 2021 fand ich oft Kliniken, die den einen Zweig der Long Covid Patienten abdeckte, zu dem ich nicht gehörte: Lungenprobleme/Atemprobleme. Mein Thema war allerdings die Fatigue.
Und hier habe ich KEINE Klinik bekommen, die sich auf diesem Gebiet auskennt, sondern ich landete in der Kardiologie und wurde als ein KHK-Patient behandelt (KHK steht für Koronare Herzkrankheit). In meinem ganz speziellen Fall war das trotzdem förderlich und ich habe einen großen Erfolg nach der Reha erlebt. Das lag aber darin, dass sehr stark auf die Belastbarkeit meines Herzen geachtet wurde und ich deshalb es auch leichter hatte, zu pacen. Die Sportanforderungen waren für Herzinfarktpatienten bestimmt und ich konnte mit den 60-70-jährigen Kardio-Patienten of mithalten bzw war zwar die letzte, aber immer noch im nicht zu belastenden Maße. Ich war auch in der "schwächsten" Gruppe einsortiert. Dann gab es Belastungs-EKSs und ich wurde in die mittlere Sportgruppe ab Woche 2 gegeben, was mich bereits an meine Grenzen brachte. Aber ich hatte keinen Crash und hab erstmals - nach Monaten - einen Bruchteil meiner Konzentration zurück bekommen! Ich war glücklich, dass ich eine Stunde ein Webinar teilnehmen und dem folgen konnte!
Hier findet ihr eine Liste an Quellen, wie man Kliniken finden kann:
- auf Long Covid Deutschland: https://longcoviddeutschland.org/rehabilitation/
- zu Fatigue direkt: https://www.rehakliniken.de/krankheiten/cfs
- generell Long Covid und Post Covid: https://www.qualitaetskliniken.de/reha/rehakliniken/corona
- Theoretisch auch hier (aber da habe ich keinen passenden Filter gefunden) https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Reha-Einrichtungen/reha-einrichtungen_node_functional.html
Ist es die richtige Abteilung?
In der ersten Woche meiner Reha gewöhne ich mich schnell an die merkwürdigen Essenszeiten (z.b. 06:50 Uhr Frühstück .. schlimm für mich, die normalerweise 8 Uhr aufsteht) und die festen Sitzplätze - Coronaregeln bedingt. Ich lernte eine Mitt 40-Jährige kennen, die bereits seit einigen Wochen in der Klinik war, aber jetzt erst seit einer Woche auf der Inneren ist! Sie war vorher in der Psychosomatik und hatte keinerlei Erfolge. Mit dem Training in der Inneren ging es voran.
Ein Wechsel der Abteilungen ist nicht einfach so möglich. Man sollte gleich zu Beginn auf seine Unterlagen schauen, welcher Abteilung man zugeteilt wurde und es bereits im Vorfeld klären. Denn je nach Abteilung sehen Therapiepläne anders aus.
Hat die Abteilung ein Long Covid Programm?
Was mich bis heute verwundert: die Median Klinik in Bad Salzuflen wirbt online mit einem ausgefeilten Long Covid Therapieplan, während ich noch im Herbst zum Beispiel eine der ersten Patienten war, die überhaupt eine Ergotherapie-Gruppensitzung bekam - und das auch erst in Woche 2. Vielleicht ist ja seitdem viel passiert, aber mir erschien die online ausgewiesene Expertise nicht bei meinen Ärzten vorhanden gewesen zu sein. Ich wurde komplett wie ein Herzpatient behandelt (was ich durch die Herzbeutelentzündung auch war, aber eben auch und nicht nur) und bekam dahingehend auch den Befund nach diesem ausgestellt. Online sieht der Plan auch anders aus als den, den ich hatte. Meine Tage waren viel voller und ich habe mit den Ärzten vor Ort individuell abstimmen müssen, wenn ich mal eine Sitzung aufgrund meiner Fatigue nicht schaffte, gleich im Anschluss anzugehen. Vor allem wurden mir Seminare eingeplant, die eine Stunde lang gingen und das vielfache meiner Konzentrationsfähigkeit überstiegen. Aber alle waren nett und verständnisvoll und strichen mir diese, wenn es nicht ging. Und trotzdem: auch wenn ich nicht den Long Covid Plan hatte, hatte ich einen großen Meilenstein nach meiner Reha geschafft: ich war körperlich fitter, Crashs waren weniger und ich bekam einen kleinen Teil meiner Konzentration zurück. Aber nicht weil ich die Konzentration geübt habe, sondern weil ich mich körperlich mehr bewegte als normal. Durch das körperliche kam die Konzentration mit.
Dennoch wäre es schön gewesen, wenn es einen auf Long Covid Patienten ausgerichteten Plan gegeben hätte, so musste ich viel nachjustieren, aber die Ärzte waren immer hilfreich dabei und verständnisvoll!
Gibt es Erfahrungen von anderen?
Ich kann es nicht oft genug betonen: die Long Covid Facebookgruppe ist ein Schatz an Erfahrungen und Austausch. Hier werden ganze Reha-Listen und Erfahrungsberichte geführt! Ich würde jedem raten, sich auch die Erfahrungen von anderen Long Covid Betroffenen anzuschauen. Für meine Klinik fand ich in der Gruppe keine Erfahrung und habe mir dann die Google Bewertungen angeschaut - und gefiltert. Denn klar ist: bei dem Aussehen der Klinik allein, ist man versucht nur 1 Stern zu geben. Wirklich! Aber ich wusste, dass es kein Hotel-Urlaub wird und war bereits auf Krankenhaus-Feeling eingestellt. Das hilft ;-)
Hier würde ich aber auf jeden Fall das nächste Mal anders an die Sache gehen: Zuerst die Kinderbetreuung klären, dann mir 2-3 Wunschkliniken raussuchen (nach den Erfahrungen der anderen und den Kriterien meiner Symptome entsprechend) und dann dies so in dem Antrag mit beantragen. Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer ;-)
Was, wenn ich eine Absage bekomme oder die Klinik nicht passt?
Ich glaube, dass ich großes Glück hatte, dass mir so schnell ein Platz zugesagt worden ist und ich die Klinik ok fand auf Basis der ersten Onlinerecherchen. Aber ich weiß auch, dass man definitiv nochmal in den Widerspruch gehen kann (Achtung: innerhalb eines Monats). Hier zwei Links, die dann ggf. helfen können:
- kurz: Anwalt.de
- ausführlich: Arbeitskreis Gesundheit
DISCLAIMER: Der Blogartikel beruht auf meinen eigenen Erfahrungen. Ich hoffe, ich konnte diese gut verständlich mit euch teilen und euch Links an die Hand geben, die euch bei eurer individuellen Situation unterstützen können.
Das war der erste Bericht der Reha. Schreibt gerne wie Fragen, wenn euch etwas interessiert, dann schreibe ich einen Folgeartikel.
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